drei trennungen schrieb ich,
schließlich ist es so weit
und ich habe keine verse mehr.
drei schlüsse zu uns liegen vor,
Weniger
Als wir uns näherkamen,
Planten wir unsere Trennung.
Wir sind ängstliche Menschen.
Wenn man nur genug Angst hat,
Hat sie ihre Berechtigung.
Ich liebte unsere Trennungen.
Auf der chinesischen Mauer
Eine lange letzte Umarmung,
Fortgehen nach Ost und West.
Im Flugzeug über dem Ganges,
Ein Sprung, ein Tandemflug
Eine Zeit, das Loslassen
Und Landen an fremden Ufern.
Was wurde ist der Rede nicht wert,
Eine platonische Affäre sinngemäß,
Sich ab und zu sehen und reden,
Bis es nur noch das Thema gab,
Dass das nicht genügen kann.
Das Aus mit SMS.
Manchmal ist weniger mehr,
Meist ist weniger weniger.
Wir sollten uns noch einmal,
Von mir aus getrennt, trennen,
Du machst das mit der Mauer
Und ich den Tandemsprung.
drei trennungen schrieb ich,
schließlich ist es so weit
und ich habe keine verse mehr.
drei schlüsse zu uns liegen vor,
weniger und
Wörter
Wenn du morgens aus der Dusche kommst
Und in die Küche gehst, wo ich seit einer Stunde
Kaffee trinke, Tabak rauche und versuche,
Nicht an dich zu denken, sondern an was Wichtiges,
Sagst du Sätze wie Guten Morgen, der Herr,
Wie ein Zimmermädchen, nur ohne Liebreiz
Und mich suchen Wörter wie bleiben lassen heim.
Aber weil ich sehr nett bin und etwas feige
Sage ich nichts, starre auf die Tischplatte,
Klammer mich am nächstbesten Gedanken fest
Und bin wie ein Kind, das sich versteckt,
Indem es sich die Augen zuhält.
Der nächstbeste Gedanke ist immer der letzte:
Bleiben lassen, bleiben lassen bleiben lassen.
Alles Tun ist ein Lassen, sagt Nietzsche,
Was stimmt, aber nicht auszudenken ist,
Alles Lassen wäre Lassengelassenwerden,
Lassengelassenwerdenlassen,
Lassengelassenlassengelassenwerden,
Lassengelassenlassengelassenwerdenlassen.
Was heißt eigentlich Gelassenheit?
Aber das kann ich wieder nicht ausdenken,
Denn du betatscht meine Zigarettenhand
Und ich zucke zusammen wie ein Kind,
Das man trotz zugehaltener Augen findet.
Ich sei dünnhäutig geworden, findest du
Und ich denke: Kein Wunder,
Wenn man sich mit Bimsstein bettet,
Aber weil ich nett bin und etwas feige
Sage ich nichts und gehe nach nebenan,
Wo ich an nichts Wichtiges denken kann,
Weil ich dich unentwegt höre.
Dein Weinen klingt wie Wörter
Wie Selbstverwirklichtwerdenlassen.
Du bist nichts als ein Kind deiner Zeit,
Wie alle außer Nietzsche und mir,
Deine Nichtigkeit ist nichts Persönliches.
Wenn du willst, dass wir uns versöhnen,
Obwohl ein Teil von uns gar nicht stritt,
Sondern ging, sagst du Sätze wie
Ich finde dich noch immer interessant.
Und du spürst nicht, wie sich alles krampft
Und weißt nicht, was du uns allen antust,
Dass ein Interesse ein ökonomisches Kalkül ist,
Dass interessant ist, was Rendite verspricht
Und ich kein Konglomerat von Humankapital bin,
In das du deine Zeit und dein Geld investierst
Und deine Backkunst und sporadische Tabulosigkeit,
Solang ein dir angemessen scheinender Prozentsatz
Meiner Wörter dir nützt oder dich unterhält.
Aber klärte ich dich auf, bestünde die Gefahr,
Dass du Wörter wie interessant plappertest
Und mir keine Wahl mehr ließest.
Du bist flach wie der Asphalt, der nicht weiß,
Welche Geschichte unter ihm rottet.
Liebe in Zeiten des Neoliberalismus.
Die Partnerschaft, an die du glaubst,
Ist die Partnerschaft einer Anwaltskanzlei,
Jeder seines Partners Gläubiger und Schuldner,
Die gute Partie, die Gegenpartei, geteilte
Freude. Geteilter Tisch, geteiltes Bett.
Aber meine Tischseite ist die mit dem Ascher,
Aber meine Betthälfte die am Fluchtweg.
Die Warnsignale sind süß-sauer,
Naiv-pathetisch wie Wörter wie Worte.
Du packst deine Sachen und ich denke:
Bleiben lassen. Neoliberale Liebe.
Bleiben lassen, Bleibengelassenwerden,
Bleibengelassenwerdenlassen,
Bleibenlassengelassenwerden,
Bleibenlassengelassenwerdenlassen.
Bleiben – lassen – bleiben – lassen –
Bleiben – lassen – bleiben.
Aber du hast schon die Wohnung angesteckt,
Das Ins-Schloss-Fallen der zugeworfenen Tür
Klingt wie Wörter wie Privatinsolvenz.
Und auf einmal kommst du aus der Dusche
Und gehst in die Küche, wo ich seit Stunden
Kaffee trinke, Tabak rauche und versuche,
Nicht an dich zu denken, sondern an was Wichtiges
Und sagst: Hey. Alles in Ordnung?
drei trennungen schrieb ich,
schließlich ist es so weit
und ich habe keine verse mehr.
drei schlüsse zu uns liegen vor,
weniger und wörter und
Winterhart
Im Juli hattest du Geburtstag.
Ich hab dir ein Feuerzeug geschenkt
Und zwei Pflanzen in einem Topf,
Die waren erst drei Monate alt
Und wuchsen und blühten wie blöd.
Du hast gefragt, ob sie winterhart seien.
Ich sagte, das würde sich zeigen.
Im August hörten sie auf zu wachsen,
Im September verwelkten die Blätter,
Im Oktober verdorrten die Blüten.
Ich glaube, sie sind nicht winterhart.
Ich kann sie nicht mehr sehen,
Ich wünsche ihnen ein schnelles Ende.
Letztens träumte ich, du fackelst sie ab.
Als ich aufwachte, fiel mir aber ein,
Dass dein Feuerzeug leer sein muss.
Ich hatte es gefüllt, wenn du bei mir warst.
drei schlüsse zu uns liegen vor,
weniger und wörter und winterhart
und sie sind vollkommen falsch.
inhalt falsch: sms falsch,
tür falsch, pflanzen falsch.
gefühl falsch: scham falsch,
zorn falsch, trauer falsch.
ich lese unsere enden und denke
an das schlimme wort mit a,
authentizität. als ob. albern.
aber ich stehe irgendwo neben mir.
ich ertappe mich bei dem gedanken
an richtiges schreiben im falschen,
an richtigen inhalt und richtiges gefühl
und ich habe keine verse mehr.
vielleicht sollten wir noch warten,
bis ich die richtigen verse habe,
höre ich mich unschlüssig.
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