27.03.2001 Ostsee-Zeitung von Matthias Schümann
Steintor-Vorstadt (OZ) Als 1989 die Mauer fiel, erwartete die literarische Welt mit Spannung, was sich über 40 Jahre DDR in den Schubladen der Autoren angesammelt hatte. Die Erwartungen wurden enttäuscht. Wenig kam zum Vorschein, und das Wenige wurde oft heftig kritisiert, wie „Was bleibt“ von Christa Wolf.
Dennoch besteht die Literatur eines Landes nicht nur aus dem, was in den großen Verlagen halbjährlich publiziert wird, und so ist es notwendig, dass es Gespräche über Literatur und Möglichkeiten der Veröffentlichung auch im kleineren Kreise gibt. Dafür eignen sich vorzüglich Literaturzeitschriften wie „Risse“. Seit 1997 ist die Redaktion um Anette Handke und Dr. Wolfgang Gabler tätig, dieser Tage erschien Heft sieben. Aus diesem Anlass findet im Café des Pressehauses der OSTSEE-ZEITUNG in der Richard-Wagner-Straße eine Lesung statt, auf der alles gemäß dem Anspruch der Zeitschrift geboten wird: die Lesung bemerkenswerter Literatur, das Gespräch über Texte und Autorinnen und Autoren, die ihr jeweils spezifisches Verhältnis zu Mecklenburg-Vorpommern haben.
Barbara Bleidorn (geboren 1953) lebt in Schwerin und veröffentlicht im aktuellen Heft eine skurrile Geschichte mit dem Titel „Der Sonntagsfisch“, die der Frage nach der Ernährung des Menschen eine völlig neue Dimension verleiht. Bisher, so sagt sie über sich selbst, habe sie nur für den Eigengebrauch–jene ominöse Schublade–geschrieben. Jetzt seien ihre Kinder groß, „und allmählich finde ich neben der beruflichen Arbeit Zeit und Lust, meine Geschichten hervorzuholen“, sagt die Autorin, die zum ersten Mal in „Risse“ veröffentlicht.
Häufiger „Risse“-Autor ist der Wolgaster Schriftsteller Kurt Scharf (geboren 1954), der vor Jahren mit seinen Sonetten und seiner „formstrengen Lyrik“ Aufmerksamkeit erregte. Einer Lyrik allerdings, die sich aktuellen Problemen nicht verschließt. Sein derzeit laufendes Großprojekt erfasst daher auch politische Reflexionen in einem „poetischen Tagebuch“. Im aktuellen Heft ist Scharf mit der Nachdichtung von Texten polnischer Autoren vertreten.
Erst im nächsten Risse-Heft im Herbst werden neue Erzählungen Reinhard Wosniaks (geboren 1953) abgedruckt. Wosniak brachte das Kunststück fertig, neben seiner Arbeit für die Kassenärztliche Vereinigung in Schwerin zu arbeiten und 1998 ein kunstgeschichtliches Werk zu veröffentlichen. Einen ersten Eindruck von seinen neuen Texten kann man sich morgen verschaffen, denn Wosniak liest als Dritter im Bunde im Rahmen der „Risse“-Präsentation.
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