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Editorial

Zum Jubiläumsheft (Heft 50 – RUND) und zum 11. Sonderheft der Risse erhielt die Redaktion besonders viele Leserbriefe und Zuschriften. Ein Teil davon ist am Anfang dieses Hefts nachzulesen.

Darüber hinaus erhielten wir unerwartet viele Texte zum Thema SCHICHT, sodass die Auswahl für das Heft besonders schwerfiel.

Was wir ebenfalls nicht erwartet haben, waren etliche Konstellationen, die mit dem Heft-Thema und mit der umgangssprachlichen Redewendung Schicht im Schacht zu tun haben:

Im September dieses Jahres verkündete KATAPULT aus Greifswald das Aus der Publikation belletristischer Bücher. Weil das Medien-Unternehmen von Insolvenz bedroht sei, müsse man sich auf „den rentablen Teil des Buchverlags“ konzentrieren. Dazu gehörte das Belletristik-Programm nicht, obwohl KATAPULT-Chefredakteur Benjamin Fredrich noch vor zwei Jahren im Interview in Heft 47 der Risse sagte: „Dass wir die Leute aus MV verlegen, da bin ich sofort dabei.“

Also eine bittere Nachricht für AutorInnen unseres Bundeslandes, die einen Hoffnungsträger in der ohnehin extrem kargen Belletristik-Szene des Landes verlieren. Zudem ist zu bedauern, dass die Entdeckung und Vermittlung der polnischen Gegenwartsliteratur für das hiesige Publikum nun nicht fortgesetzt wird. – Ein weiteres Indiz für die versinkende Kultur des belletristischen Buchs.

Schicht im Schacht ist auch für die vor allem für Vorpommern wichtige Autorin Odile Endres, die MV verlässt und künftig in Baden-Württemberg leben wird.

Gleichzeitig freuen wir uns, ihr „Abschiedsgedicht von MV. Und für MV“ – so in einer Mail an mich – mit dem Titel schichtwechsel abdrucken zu können.

Und geradezu tragisch ist der Tod von Bert Papenfuß, 1956 in Stavenhagen geboren, nur einmal Risse-Autor, aber ganz ungewöhnlich engagierter Förderer unserer Zeitschrift in Berlin. Bert Papenfuß wird heute, am 7. Oktober, da ich dieses Editorial schreibe, in Berlin beigesetzt. Welch bedeutende Rolle er für die Literatur vor und nach der Wende spielte, ist den Nachrufen und Erinnerungen von Kai Pohl, Jan Grambow und Peter Wawerzinek zu entnehmen, die wir in diesem Heft abdrucken.

Schließlich ist auch für mich selbst Schicht im Schacht. Mit diesem Heft der Risse beende ich nach mehr als 25 Jahren meine Arbeit als Redaktionsmitglied. Seit dem Sommer 1997 war ich dabei, aus Martin Eberts Heft-Reihe RISSe („erscheint unregelmaeszig“) eine halbjährlich publizierte Literaturzeitschrift zu entwickeln (lediglich das Jahr 2004 bildete eine Ausnahme, weil uns das damalige Kultusmi-
nisterium kurzfristig die finanzielle Unterstützung strich und nur ein Heft – ausgerechnet Heft 13 – erscheinen konnte). Es ist Zeit für mich, den Hut zu nehmen.

Apropos: Thema des nächsten Heftes, zu dem die Redaktion die geneigten AutorInnen aus MV bis zum 1.2.2024 um Geschichten, Gedichte, Szenen usw. bittet, ist: HUT.

Man kann da an die Kopfbedeckung denken, den Hut aufhaben oder ihn an den Nagel hängen, in den Ring werfen.

Man kann aber auch auf der Hut sein, die gute Hut genießen oder das Behütetsein und die Behutsamkeit schätzen.

Vor Texten, die ein alter Hut sind, sollte man sich hüten oder sie sich gleich an denselben stecken.

Aber die Redaktion würde selbstverständlich lieber vor gelungenen Texten und deren AutorInnen den Hut ziehen.

Wolfgang Gabler


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